A warm welcome to our new Director!

2020-03-09

As you might have heard already, the new ECMI Director took up his role at the beginning of March. Find below the interview which he gave to the SHZ a few days ago. 

Prof. Vello Pettai war in letzten sechs Monaten häufig an der Förde, aber bei weitem nicht zum ersten Mal. Der gebürtige US-Amerikaner estnischer Herkunft leitet ganz offiziell seit dem 1. März das European Centre for Minority Issues (ECMI), das im Kompagnietor in Flensburg sitzt. Pettai folgt auf die Dänin Tove Malloy, die Ende 2019 als Dozentin an die Europa-Universität wechselte. Pettai wurde 1968 in den USA geboren; seine Eltern waren aus Estland 1944 geflohen. Pettai ging Anfang der 90er zurück in die Heimat seiner Eltern. Der Politikwissenschaftler wurde Professor an der renommierten Universität Tartu und war Gastdozent des DAAD in Lüneburg und Jena. Wie seine Herkunft seine Sicht auf Minderheitenfragen prägt und was das Jahr 2020 für das ECMI bereithält, erzählt er im Interview mit Redakteurin Antje Walther.

Prof. Pettai, Sie sind seit dem 1. März offiziell der neue Leiter des ECMI. Wie ist Ihr erster Eindruck vom Haus, von der Stadt, von der Arbeit?

Vello Pettai: Sehr positiv. Ich kenne alles schon ein bisschen, weil ich bereits vor 20 Jahren als Gast bei verschiedenen Seminaren und Veranstaltungen des ECMI teilnahm. Ich war damals Berater des estnischen Präsidenten in Bezug auf Minderheitenfragen. 1998 kam ich zum ersten Mal hierher – zehn Jahre später für die erste Sitzung des Beirats des Minderheitenzentrums – und jetzt als Direktor. Ich bin sehr froh, dass ich meinen Beitrag zu der wertvollen Arbeit des Instituts leisten kann. Über die Stadt kann ich auch nur Positives sagen. Ich fahre mit dem Fahrrad zur Arbeit die Nordstraße herunter und schon der Blick auf den Hafen morgens, ist bereits ein toller Start in den Tag.

Erklärt die Vorgeschichte, warum Sie sich für diese Position interessiert haben? Oder was war der Auslöser, weshalb Sie gesagt haben: Ich möchte dieses Haus leiten.

Die Themen und die Ziele des Zentrums. Weil ich bereits Ende der 90er und Anfang 2010 hier war, konnte ich viele Thematiken mitverfolgen. Einige davon haben sich leider nicht so positiv entwickelt. Wir befinden uns gerade in einer Zeit, in der Minderheiten mit vielen Problematiken konfrontiert sind:  Populismus, Radikalismus und Fremdenfeindlichkeit- die Palette ist breit. Deshalb ist die Arbeit unseres Zentrums wichtiger denn je. Wichtige Meilensteine für Minderheiten müssen auch 2020 noch verteidigt werden.

Haben Sie konkrete Projekte im Blick?

Wir möchten uns in der Region noch stärker zeigen. Verschiedene unserer Veranstaltungen in diesem Jahr knüpfen an das 100-jährige Grenzjubiläum der Region an.  Mit der Vortragsreihe ”Krieg und Frieden – 100 Jahre neue Grenzen in Europa” auf Schloss Schackenborg anlässlich des 100. Jahrestages der deutsch-dänischen Grenze in 2020 sind wir schon gut in dieses besondere Jahr gestartet. Zwei Veranstaltungen haben bereits 2019 stattgefunden: Die Auftaktveranstaltung wurde am 25. April 2019 zum Thema Südtirol abgehalten, gefolgt von einer zweiten Veranstaltung zum Thema Ungarn am 07. November 2019. Am 19. März 2020 findet die Hauptkonferenz statt. Die Veranstaltungsreihe organisiert das ECMI gemeinsam mit der Stiftung Schackenborg und der dänischen Gesellschaft für Außenpolitik in Kopenhagen (Det Udenrigspolitiske Selskab, DUS).

Später im Juni haben wir eine intenationale Minderheitenkonferenz zusammen mit der dänischen Zentralbibliothek. Die Konferenz findet anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der Grenzziehung zwischen Dänemark und Deutschland – und der damit verbundenen Plebiszite in der heutigen Grenzregion statt. Die Konferenz wird am 18. und 19 Juni 2020 in Flensburg stattfinden und auch die diesjährige Summer School des ECMI wird auf das Grenzjubiläum der Region eingehen und die Volksabstimmung von 1920 mit anderen Plebisziten vergleichen.

Die Volksabstimmung in der Region – das ist natürlich das große Thema überall. Wenn man sich näher mit dem Thema auseinandersetzt, kann man viel daraus lernen.

Spielt das Thema Populismus da mit hinein?

Absolut. Populismus und vor allem Rechtsradikalismus betrifft ganz oft Minderheiten, insgesamt Leute anderer Herkunft. Deshalb ist das für uns ein sehr wichtiges Thema. Ich selbst bin in anderen Projekten, die diese Themen europaweit erforschen.  Das ist auch ein Ziel des ECMI für die kommenden Jahre, dass wir uns hier stärker profilieren wollen.

Sie haben selbst eine sehr interessante Familiengeschichte. Ist das ein Grund gewesen, weshalb Sie sich überhaupt für das Zusammenleben von Mehrheit und Minderheit interessieren?

Wenn man als zweisprachiger Mensch aufwächst – englisch-estnisch –prägt einen das schon. Man lernt früh, was es bedeutet zwei oder mehreren Kulturen anzugehören. Ob Esten in den USA allerdings wirklich eine große Minderheit sind, da bin ich mir nicht sicher…Das Wort Migrant ist in dem Zusammenhang eventuell passender. Als ich studierte, habe ich auch Russisch gelernt – das war sehr nützlich in Estland. Dort habe ich dann zu der Thematik „Russen in Estland“ geforscht. Später habe ich eine Deutsche geheiratet, das bedeutet, dass noch eine Sprache dazu kam. Und andere Sprachen. Von daher ist dieses multikulturelle Leben für mich sehr wichtig. Und Minderheitenfragen sind eine Erweiterung davon.

Für die USA, den melting pot, haben Sie gerade unterschieden, dass eine kleine Nation wie Estland dort inmitten vieler anderer Nationen aufgeht. Hat Sie das geprägt in Ihrer Wahrnehmung?

Gute Frage, aber ich glaube nicht besonders. Prägend war tatsächlich eher dieses Bewusstsein von Diversität, multikulturellem Leben. Da gibt es natürlich Prozesse, dass Leute sich integrieren und verschwinden als Immigranten, als Minderheiten. Aber, ich glaube nicht, dass das ein Modell für alle ist. Ganz im Gegenteil. Es gibt verschiedene ethno-politische Situationen. Natürlich ist es ein großer Unterschied, ob man Däne in Flensburg ist oder Deutscher in Sonderburg oder ein Este in Amerika ist. Man ist aus verschiedenen Gründen dorthin gekommen oder lange Zeit dort gewesen.

Wie sind Sie in Estland aufgenommen worden als US-Amerikaner, der estnische Wurzeln hat?

Genau so. In den baltischen Staaten insgesamt gab es viele Exil-Balten, die zurückgekommen sind. Und komischerweise sind einige von ihnen sogar Präsidenten geworden... Sie sind meist sehr gut aufgenommen worden.

Mit diesem Hintergrund und als Experte für Osteuropa-Studien: Wird das ein besonderer Schwerpunkt werden im ECMI? Wenn nicht: Welche anderen Schwerpunkte setzen Sie?

Als Aufgabe haben wir, aus einer gesamteuropäischen Perspektive die Minderheiten zu erforschen. Wenn man sich näher ansieht, was wir in den letzten 23 Jahren gemacht haben, ist es viel in Osteuropa: Am Anfang Bosnien, später Kosovo, Georgien, Ukraine, Moldova, Serbien. Das ist auch nachvollziehbar: Da gab es viele ethnische Konflikte. Neulich haben wir aber auch einen Blogbeitrag über Gälisch in Schottland veröffentlicht. Gestern habe ich ein Forschungsangebot einer Kollegin aus Irland bekommen…Wir haben uns schon Gedanken gemacht über andere angespannte Regionen in Europa – natürlich kommt gleich Katalonien/Spanien in den Sinn. Wir vergessen nie das ganze Bild.

Sie haben vorhin kurz angedeutet, dass dieses Jahr 2020 ein besonderes ist, gerade für Flensburg als Grenzstadt. Dem ECMI hat man immer mal vorgeworfen, dass viele Flensburger es gar nicht kennen. Deshalb wäre dieses Jahr ein guter Anlass, das ECMI mehr zu öffnen für die Stadt. Wollen Sie das ECMI sichtbarer machen im Jubiläumsjahr?

Unsere Veranstaltungen sind immer für alle geöffnet, auch unsere Bibliothek. Wir arbeiten auf Englisch und viele Veranstaltungen sind auf Englisch. Trotzdem: Wir sind da, und alles, was wir machen, machen wir für alle, die hier wohnen und sich für Minderheiten interessieren. Die Feierlichkeiten zur Volksabstimmung und die Ereignisse von 1920 geben uns natürlich auch die Möglichkeit an externen Veranstaltungen teilzunehmen. Ganz konkret sind wir Kompetenzressort, wie ganz aktuell beim Thema zweisprachige Ortsschilder in Nordschleswig. Wir sind da, um Informationen zu liefern, auch zu aktuellen Minderheitenthematiken aus der Region. Unsere Aufgaben sind Forschung und politikbezogene Projekte im Ausland. Wir haben schon andere europäische Länder angesprochen. Für mich persönlich ist die Ukraine ein sehr wichtiges Land. Da gibt es viele Konflikte, was Minderheiten betrifft. Wir haben viele Jahre Erfahrung in der Ukraine. Gleichzeitig ist Moldova für unsere Arbeit interessant. In der Ukraine haben wir ein Partner-Team und auch im Kosovo.

Sie sprechen sechs Sprachen. Einige kann ich mir schon denken: Estnisch, Englisch, Deutsch...

Lettisch, Russisch und Französisch.  Fehlt noch Dänisch, oder?

Ja! Da habe ich gestern erst darüber gesprochen: Während mein Team am Montagmorgen Deutschstunden im ECMI bekommt, sollte ich vielleicht Dänisch lernen...?!

 

Back to overview

ECMI Founders