Von der Forschung zur Sprachplanung: ECMI Forscherin Ruth Kircher stellt politischen Vertreterinnen & Vertretern der Provinz Fryslân ihre Forschungsergebnisse vor und spricht Empfehlungen aus

2023-09-27
ECMI Forscherin Ruth Kircher und Mirjam Vellinga (Afûk) mit einer Repräsentantin der Provinz Fryslân.

Erst kürzlich haben wir von Ruths Forschung im Bereich intergenerationaler Sprachweitergabe innerhalb der Familie berichtet. Ihre Forschungsspektrum bezieht sich jedoch nicht nur auf die Weitergabe von Minderheitensprachen durch Muttersprachler*innen an ihre Kinder, sondern (unter anderem) auch auf das Phänomen der new speakers [1] und ihren Einfluss auf Minderheitensprachen.

Im Sommer 2020 erhielt Ruth Kircher, zusammen mit Mirjam Vellinga von der Allgemeinen Friesischen Bildungskommission (Afûk), Forschungsgelder von der Regierung der niederländschen Provinz Fryslân. Die geförderte Studie befasst sich mit den new speakers des Westfriesischen und trägt den Titel "New speakers of West Frisian: Promoting minority language learning and use to foster revitalisation".

In Fryslân lebt die Mehrheit aller Sprecher des Westfriesischen. Das Westfriesische ist eine Minderheitensprache, die mit dem Nordfriesischen und dem Saterfriesischen (die in Deutschland gesprochen werden) eng verwandt ist. UNESCO hat das Westfriesische als gefährdete Sprache eingestuft.

Mit einem Fragebogen wurden in den letzten Jahren Daten von 264 new speakers gesammelt und drei Themenbereiche erforscht: (1) welche Einstellungen new speakers gegenüber dem Westfriesischen und seinen unterschiedlichen Varietäten haben; (2) was new speakers dazu motiviert, das Westfriesische zu lernen; und (3) wie oft, unter welchen Umständen und mit wem new speakers das Westfriesische tatsächlich sprechen.

Basierend auf den Forschungsergebnissen hat das Forscherteam wissenschaftliche Artikel geschrieben (z.B. darüber, wie der Sprachgebrauch von new speakers durch das Verhalten von traditional speakers beeinflusst wird), eine Sprachkampagne organisiert sowie Lehrmaterialien entwickelt, welche die Nutzung des Westfriesischen von new speakers und traditional speakers fördern.

Darüber hinaus wurde ein Forschungsbericht für die Regierung der Provinz Fryslân verfasst. Dieser spricht auch forschungsbasierte Empfehlungen für zukünftige Sprachplanung aus, welche auf Interesse der Repräsentant*innen der Provinz  stoßen. Bei einem Gespräch letzte Woche wurde über nähere Details gesprochen und unter der Leitung von Afûk soll nun an konkreten Maßnahmen gearbeitet werden.

 

 

 

 


[1]  New Speakers sind Menschen, die nicht mit einer Minderheitensprache aufwachsen, sondern sie später im Leben lernen – meist außerhalb von zu Hause. Dies kann in unterschiedlichsten Kontexten, auch außerhalb des traditionellen Bildungssystems stattfinden (z.B. durch Erwachsenenbildung, Sommerschulen, Revitalisierungsprogramme, etc). New speakers können wesentlich zum Erhalt und der Revitalisierung von Minderheitensprachen beitragen: Sie erhöhen nicht nur statistisch die Anzahl der Sprecher*innen sondern sie tragen auch dazu bei, dass traditional speakers – also solche, die mit der Minderheitensprache aufgewachsen sind – ihre Minderheitensprachen mit mehr Menschen und in mehr Kontexten aktiv nutzen können. Dies erhöht auch den von vielen wahrgenommenen Mehrwert von Minderheitensprachen.

 

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