ECMI Roundtable on the War in Ukraine and Minority Issues / ECMI Roundtable zu Ukraine-Krieg und Minderheitenfragen

2022-03-10

The ECMI organized on 9 March a roundtable discussion with its institutional partners about the Russian invasion of Ukraine and its impact on national minorities. The aim of the meeting was to exchange views on how the war has affected minorities, but also to discuss what assistance research institutions as well as minority organizations could offer to cease the fighting and return Ukraine to peace and security.

ECMI Director Vello Pettai stressed that whilst Russian President Vladimir Putin claimed in his declaration of the war that Russia was acting to defend the rights of Russian minorities in Ukraine, this was in stark contrast with the original demands he put forward during the build-up of Russian forces that called for negotiations with the US and NATO over a new European security architecture. In other words, the minority issue, whilst being an important for consolidating Ukraine’s democracy and multiethnic society, clearly was being used by Putin as a pretext for the invasion, whose actual goal has been the desolation of the Ukrainian state and its sovereignty.

All of the participants at the meeting agreed with this assessment. Jens Christiansen, representing the Danish minority in Germany, said these same thoughts are reflected in a statement issued by the Sydslesvigsk Forening on 2 March.

Bernd Fabritius, German Federal Commissioner for National Minorities, compared the Russian invasion to the Brezhnev doctrine of the Soviet Union, where Moscow reserved the right to topple the government of a neighboring country if it started falling out of its sphere of influence. The Soviet invasion of Czechoslovakia in 1968 was an analogous attack on a sovereign country.

Schleswig-Holstein’s Commissioner for National Minorities, Johannes Callsen, echoed the fact that Russia’s invasion is taking place on the back of many of Ukraine’s minorities and that it is incumbent on us to monitor the situation closely and help where we can.

Stefan Seidler, Member of the German Bundestag (SSF), underscored the need for institutions like the ECMI to have their tool-kit ready for when peace is re-established and new solutions need to be found. The ECMI’s Senior Researcher and Head of Cluster for Conflict and Security, Felix Schulte, noted that for the moment we still don’t know the endgame of the war, and that this will determine how much academic knowledge about minority issues can be brought to bear. Martin Klatt from the University of Southern Denmark noted that even in the German-Danish border region a true burgeoning of minority-majority relations emerged only when Denmark and Germany were no longer caught in a geopolitical rivalry. This has clearly not happened yet between Russia and Ukraine.

Ilse Johanna Christiansen, representing the Frisian minority (Frasche Rädj) observed that the slogan Frisians have on their flag, Liewer düd aß Slaawe (Better dead than a slave), may sound severe, but it echoes the fight for freedom and self-determination that the Ukrainian people are currently waging. The Frisian minority knows very well, what it is like to be between large neighbours and struggle for one’s existence.

The head of the Secretariat for the Bund Deutscher Nordschleswiger (the German minority in Denmark), Harro Hallman, recalled his meetings with Ukrainian minority groups via different ECMI projects and expressed hoped that this cooperation will soon be restored.

In terms of helping Ukraine’s minority groups directly, Bernd Fabritius noted the work of the German-language section of the Federal Union of European Nationalities (FUEN), where German minorities in Hungary or Romania have been in direct contact with German kin in Ukraine, and where necessary have helped to literally evacuate them from border areas, where they may have fled. During the discussion, it was stressed that Ukraine also has other minorities without kin-states such as Sinti and Roma, Crimean Tatars, Karaims and Krymchaks. In particular, the latter three groups had already fled to cities like Kyiv and Kherson following the 2014 Russian annexation of Crimea, and now they were suffering mass displacement again.

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Das ECMI organisierte am 9. März eine Diskussionsrunde mit ihren institutionellen Partnern über die russische Invasion der Ukraine und ihre Auswirkungen auf nationale Minderheiten. Ziel des Treffens war es, Meinungen darüber auszutauschen, wie sich der Krieg auf Minderheiten ausgewirkt hat bzw. auswirkt. Es ging darüber hinaus aber auch um mögliche konkrete Hilfestellungen um den Friedensprozess und die Situation der Betroffenen (Minderheiten) zu unterstützen.

ECMI-Direktor Vello Pettai betonte, dass der russische Präsident Wladimir Putin in seiner Kriegserklärung zwar behauptete, Russland handele, um die Rechte der russischen Minderheiten in der Ukraine zu verteidigen, dies jedoch in krassem Gegensatz zu den ursprünglichen Forderungen stehe, die er gegenüber den USA und der NATO hervorgebracht habe (in denen es um eine neue europäische Sicherheitsarchitektur ging). Mit anderen Worten, die Minderheitenfrage, welche für die Konsolidierung der Demokratie und der multiethnischen Gesellschaft der Ukraine von hoher Bedeutung ist, wurde eindeutig von Putin als Vorwand für die Invasion benutzt, deren eigentliches Ziel die Verwüstung des ukrainischen Staates und seiner Souveränität sei.

Alle Teilnehmer des Treffens stimmten dieser Einschätzung zu. Jens Christiansen, der die dänische Minderheit in Deutschland vertritt, sagte, dass sich dieselben Gedanken in einer Erklärung des Sydslesvigsk Forening vom 2. März widerspiegeln.

Bernd Fabritius, deutscher Bundesbeauftragter für nationale Minderheiten, verglich die russische Invasion mit der Breschnew-Doktrin der Sowjetunion, bei der Moskau sich das Recht vorbehielt, die Regierung eines Nachbarlandes zu stürzen, sollte sich Abzeichnen, dass es sich seinem Einflussbereich entziehen würde.  Die sowjetische Invasion der Tschechoslowakei 1968 war ein analoger Angriff auf ein souveränes Land.

Der schleswig-holsteinische Beauftragte für nationale Minderheiten, Johannes Callsen, betonte ebenfalls die Tatsache, dass auch viele ukrainische Minderheiten von der Invasion betroffen sind und dass es unsere Pflicht ist, die Situation genau zu beobachten und zu helfen, wo wir können.

Stefan Seidler, Mitglied des Deutschen Bundestages (SSF), unterstrich die Notwendigkeit, dass Institutionen wie das ECMI ihr Instrumentarium bereithalten, wenn der Frieden wiederhergestellt ist und neue Lösungen gefunden werden müssen.  Felix Schulte, Senior Researcher und Leiter des Clusters für Konflikt und Sicherheit des ECMI, stellte fest, dass wir im Moment das Endspiel des Krieges noch nicht kennen und, dass dieses bestimmen wird, wie viel akademisches Wissen über Minderheitenfragen zum Tragen kommen kann. Martin Klatt von der Universität Süddänemark stellte fest, dass selbst in der deutsch-dänischen Grenzregion ein wahres Aufblühen der Beziehungen zwischen Minderheit und Mehrheit erst dann zutage trat, als Dänemark und Deutschland nicht mehr in einer geopolitischen Rivalität gefangen waren. Das ist zwischen Russland und der Ukraine eindeutig noch nicht geschehen.

Ilse Johanna Christiansen, welche die friesische Minderheit (Frasche Rädj) vertritt, bemerkte, dass der Slogan der Friesen auf ihrer Flagge, Liewer düd aß Slaawe (Besser tot als ein Sklave), streng klingen mag, aber er spiegelt den Kampf für Freiheit und Selbstbestimmung wider, den das ukrainische Volk derzeit führt. Die friesische Minderheit weiß sehr gut, wie es ist, zwischen großen Nachbarn zu sein und um seine Existenz zu kämpfen.

Der Leiter des Sekretariats des Bundes Deutscher Nordschleswiger (die deutsche Minderheit in Dänemark), Harro Hallman, blickte zurück auf seinen Austausch mit ukrainischen Minderheitengruppen im Rahmen verschiedener ECMI-Projekte und äußerte die Hoffnung, dass diese Zusammenarbeit bald wiederhergestellt werden kann.

In Bezug auf die direkte Unterstützung der ukrainischen Minderheiten verwies Bernd Fabritius auf die Arbeit der deutschsprachigen Sektion der Föderalen Union Europäischer Nationalitäten (FUEN), bei der deutsche Minderheiten in Ungarn oder Rumänien in direktem Kontakt mit deutschen Verwandten in der Ukraine standen und geholfen haben, sie buchstäblich aus Grenzgebieten zu evakuieren, in die sie möglicherweise geflohen sind. Eine ECMI Mitarbeiterin betonte, dass es in der Ukraine auch andere Minderheiten ohne Verwandtschaftsstaaten gibt, wie etwa die Roma, Krimtataren, Karaims und die Krymtschak. Insbesondere die drei letztgenannten Gruppen waren bereits nach der russischen Annexion der Krim 2014 in Städte wie Kiew und Cherson geflohen und nun litten sie erneut unter Massenvertreibungen.

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